Klaus Ringwald (1939-2011)

Klaus Ringwald (1939-2011), Hauptaltar, Antependium vorne, 1978/79, Herz-Jesu-Kirche, Singen, Fotos: Marcus Schwier

Ambo, Tabernakel, Triumphkreuz, Altarantependien, 1978/79

Bronzegüsse
Herz-Jesu-Kirche Singen

Klaus Ringwald, ein „streitbarer Geist mit Ecken und Kanten“, hat viele liturgische Ausstattungen in Kirchen und Bildwerke in Städten des deutschen Südwestens geschaffen. 1985 kam es zu einem Skandal, als Ringwald auf einem seiner Bronzeportale für das Villinger Münster einem ungerecht urteilenden Richter aus biblischer Zeit die Gesichtszüge des ehemaligen Marinerichters und baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger verlieh. 1990 schuf er als Zeichen der Versöhnung für das Christchurch Gate der Kathedrale in Canterbury einen monumentalen, thronenden Christus.

In all seinen Arbeiten verband er, angelehnt an die Formensprache der 1950/60er Jahre des italienischen Bildhauers Giacomo Manzù (1908-1991), die europäische Tradition der figürlich-realistischen Plastik seit der Renaissance mit abstrahierenden und expressiven Formen der Moderne sowie mit aktuellen Zeitbezügen. Wie Manzù gestaltete auch Ringwald im Flach-, Halb- und Vollrelief vor weitgehend leerer Hintergrundfläche, fügte diesen aber nicht selten einschlägige oder erläuternde Textstellen hinzu.

Wie viele Kirchen erhielt auch die Singener Herz-Jesu-Kirche auf der Grundlage der Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils (1962-1965) und nach einem Erdbeben, das 1969 zu Beschädigung und Abriss des Hochaltars aus der Erbauungszeit (1909-1911) führte, eine Neuausstattung des Altarbereiches.

Der Schonacher Bildhauer Ringwald schuf, in gelungener Korrespondenz zu den zeitgleichen Wandteppichen Emil Wachters, ein Gesamtensemble aus einem Guss, bestehend aus: Ambo, Tabernakel, Triumphkreuz am Vierungsbogen zur Apsis und zwei Antependien für die beiden Breitseiten des Hauptaltars. Alle Hauptstücke gliederte Ringwald mit architektonischen, monumentalen Formen wie: Säulen, Rundbogen oder Rauten, die er mit kleinteiligeren, ornamentalen Schmuckbändern kombinierte.

Im Zentrum jedes einzelnen Reliefs steht immer die zentrale biblische oder zeitbezogene Szene oder Figur, die, reduziert auf eine expressiv verdichtete Handlung, in eine lebhaft strukturierte Fläche eingebunden ist, die für den Ort oder den Raum des Geschehens steht. Besonders eindrücklich bestätigen die aufeinander bezogenen Rundbogenreliefs der Antependien die Intention des Künstlers wie auch der Auftraggeber.

Die biblische Szene in der oberen Rundbogenreihe wird stets mit einem darunter liegenden, auf die heutige Zeit bezogenen Feld kombiniert. Die biblische Geschichte wird mit einer Erfahrung aus dem unmittelbaren Lebensumfeld der Gemeindemitglieder verbunden und aktualisiert. So wird die Heilung des Blinden verknüpft mit zwei Alten, die unter einem Baum ausruhen – und der Bogen zum benachbarten Pfarrgarten und Pflegeheim St. Anna ist geschlagen. Dem Einzug Jesu in Jerusalem antwortet der Einzug der Gemeinde in die Kirche Herz-Jesu. Und auch in Singen wäscht ein Pilatus seine Hände in Unschuld. Im Feld darunter verfolgt ein Uniformierter mit wehender Fahne – Zeichen einer mörderischen Ideologie – zwei Flüchtende. Nicht in historischer Ferne, sondern im Hier und Heute ist die christliche Botschaft zu verstehen.

Text und Redaktion: Christoph Bauer, Kunstmuseum Singen
Fotos: Marcus Schwier


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